3. März 2025

Stellungnahme zur Lage

in den palästinensischen Gebieten


Mit Bestürzung hat die Deutsch-Jordanische Gesellschaft e. V. (DJG) die jüngsten Äußerungen der neuen US-Regierung aufgenommen, die auf eine Vertreibung und ethnische Säuberung von Gaza hinauslaufen würden. Dies wäre ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und hätte unabsehbare Auswirkungen auf unser Partnerland Jordanien!

Die DJG hat das brutale Massaker der Hamas an vielen hundert unschuldigen und wehrlosen Menschen vom 7. Oktober 2023 eindeutig verurteilt und erkennt Israels Recht auf Selbstverteidigung an.

Gleichwohl sehen wir, dass die Militäraktionen der israelischen Armee seit dem 7. Oktober 2023 dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit kaum Rechnung getragen haben. Der Internationale Gerichtshof prüft, ob diese Aktionen (wie die der Hamas) als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu werten sind. Diese haben untragbare humanitäre Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft in Gaza hervorgerufen:

• Mehr als 48.000 Menschen wurden durch die Kämpfe getötet.

• Mehr als 1,9 Mio. Menschen sind innerhalb Gazas vertrieben worden, viele von ihnen sogar mehrfach. Das sind rund 80% der Gesamtbevölkerung!

Deshalb haben wir dieses unverhältnismäßige Vorgehen verurteilt. Auch die Taten der Hamas – allen voran die nach wie vor andauernde Geiselnahme unschuldiger Menschen – sind indiskutabel. Sie dürfen jedoch nicht zum Vorwand genommen werden, die massiven Tötungen und Vertreibungen der Bevölkerung in Gaza zu rechtfertigen.

Sie dürfen ebenfalls nicht zum Vorwand genommen werden, das völkerrechtswidrige Vorgehen Israels in der Westbank durch Siedler und Armee noch zu verstärken.

Wir sehen das menschliche Leid ALLER an diesem Konflikt beteiligten Bevölkerungsgruppen!

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den derzeitigen Waffenstillstand, die Freilassung von Geiseln der Hamas sowie im Gegenzug palästinensischer Gefangener und die sukzessive Rückkehrmöglichkeit der Bevölkerung Gazas. Aber wir sind überzeugt: Das kann nur ein erster Schritt auf dem Weg zu belastbaren Friedensverhandlungen sein!

Wir sprechen uns mit aller Deutlichkeit für das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat und ein Leben in Würde und Sicherheit aus. Wir verurteilen die zunehmende Siedlergewalt im Westjordanland und deren unzureichende juristische Aufarbeitung.

Jordanien hat sich im Rahmen des derzeitigen Konflikts in besonderem Maße für die Rechte der Palästinenser stark gemacht und konkrete humanitäre Unterstützung geleistet. Unser Partnerland ist durch seine Bevölkerung, die zu großen Teilen palästinensischen Ursprungs ist, seit Jahrzehnten in besonderer Weise in diesen Konflikt involviert. Gleichzeitig hat sich Jordanien seit jeher für Frieden und Ausgleich stark gemacht; siehe dazu auch den Friedensvertrag mit Israel 1994.

Eine großflächige Vertreibung der Palästinenser aus Gaza, wie von US-Präsident Trump und weiteren Vertretern der US-Administration geplant, käme für Jordanien de facto einer Kriegserklärung gleich!

Wir begrüßen daher realistische Initiativen zum Wiederaufbau Gazas, wie sie derzeit von Jordanien und weiteren arabischen Staaten wie Ägypten und Saudi-Arabien ausgearbeitet werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Initiativen – auch finanziell – zu unterstützen. Nach Schätzungen der Weltbank belaufen sich die Kosten für den Wiederaufbau auf rund 50 Mrd. US-Dollar.

Ziel deutscher und europäischer Außenpolitik muss ein Nebeneinander zweier souveräner Staaten Israel und Palästina sein, die in Sicherheit, aber auch in Würde und Unabhängigkeit existieren können. Dieses Ziel wurde in den vergangenen 25 Jahren zu lange aus den Augen verloren.

Die DJG ist der deutsch-jordanischen Freundschaft in besonderer Weise verpflichtet. Abseits aller politischen Diskussionen stellen wir fest, wie sehr der Gaza-Krieg Freundschaften und zwischenmenschliche Beziehungen belastet. Das erfüllt uns mit großer Sorge! Wir sehen die große Gefahr, dass die über viele Jahrzehnte gewachsene Freundschaft und Verständigung zwischen der deutschen und der jordanischen Bevölkerung in ihren Grundlagen Schaden nimmt und dauerhaft bedroht ist.


Deutsch-Jordanische Gesellschaft e. V.

Das Präsidium